Sechs deutsche und französische Partner planen ein in
Europa einzigartiges Projekt: Die bei der Stahlproduktion
bei den Badischen Stahlwerken (BSW) im Kehler Hafen unvermeidbar
entstehende Abwärme soll grenzüberschreitend
genutzt werden, um Wohngebäude, öffentliche Einrichtungen
und Unternehmen in Straßburg und Kehl mit
bezahlbarer Heizenergie zu versorgen. Mit diesem Energiewendeprojekt
möchten die Partner zwei Ziele erreichen:
Zum einen sollen bereits in der ersten Phase rund 7000
Straßburger Haushalte Wärme erhalten und damit jährlich
19 600 Tonnen des klimaschädlichen CO2 vermieden werden, zum anderen will man der sogenannten Energiearmut begegnen.
Gleichzeitig wird die energieintensive Stahlproduktion klimafreundlicher und grüner. Die erste Wärmelieferung ist für
2027 geplant.
Um dieses zukunftsweisende Projekt umzusetzen, haben die Partner in einem vom europäischen Förderprogramm INTERREG V mit rund einer Millionen Euro unterstützten Verfahren am 1. Juni 2022 die grenzüberschreitende Wärmegesellschaft SEM Calorie Kehl-Strasbourg gegründet. Die gemischtwirtschaftliche Aktiengesellschaft nach französischem Recht (SEM) verfügt über ein Eigenkapital von rund 4,2 Millionen Euro. Die Aufgaben der Gesellschaft umfassen die Finanzierung, die Planung, den Bau und den Betrieb der grenzüberschreitenden Wärmeleitung. Die Gesellschaft wird mit weiteren zwei Millionen Euro aus dem INTERREG-VI-Programm der Europäischen Union gefördert.
Die Besonderheit des Projekts wird auch dadurch unterstrichen, dass sowohl die französische ADEME als auch die BAFA eine Unterstützung von insgesamt rund 14 Millionen Euro in Aussicht gestellt haben. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz wird darüber hinaus die 11,5 Millionen Euro teuren Umbaumaßnahmen im Stahlwerk mit einer Subvention von 3,45 Millionen Euro fördern. Calorie Kehl-Strasbourg rechnet mit Herstellungskosten für die grenzüberschreitende Wärmeleitung in Höhe von 41 Millionen Euro.
Planung und Bau der voraussichtlich mindestens 4,5 Kilometer
langen Wärmeleitung sind sehr komplex, da die Leitungen
auf beiden Rheinseiten durch die Hafengebiete
führen und bis zu 150 Grad heißes Wasser transportieren
sollen. Die Leitungsführung ist durch sogenannte Mikrotunnels
vorgesehen. Dabei sind auf beiden Rheinseiten die
Belange der beiden Rheinhäfen und der dort angesiedelten
Industrieunternehmen zu berücksichtigen.
Die Eurométropole de Strasbourg verfügt bereits über ein 130 Kilometer langes Wärmenetz und hat sich in ihrem Klimaschutzkonzept das Ziel gesetzt, den Anteil der erneuerbaren Energien in der Wärmeversorgung bis 2050 auf 100 Prozent zu erhöhen. In diesem Zusammenhang und wie im Energieleitschema vorgesehen, kommt bislang nicht genutzter Abwärme im lokalen Energiemix eine bedeutende Rolle zu. Der Import der Abwärme der BSW ermöglicht es der Eurométropole de Strasbourg, den Anteil von erneuerbarer Energie im Wärmenetz auf ihrem Territorium zu erhöhen.
Bei der Stadt Kehl ist die Nutzung der Abwärme der BSW ebenfalls ein erheblicher Baustein des Klimaschutzkonzepts und wird Teil des im Klimaschutzgesetz des Landes Baden-Württemberg geforderten kommunalen Wärmeplans sein. Bis 2032 plant die Stadt Kehl, rund zwölf Gigawattstunden Wärme zum einen in neu zu erschließenden Bereichen und zum anderen als Ersatz anderer Wärmeerzeuger in der zentralen Innenstadt einzusetzen. Bis 2040 möchte die Stadt klimaneutral zu sein – gemäß den Vorgaben des Landes Baden-Württemberg.
Meter Wärmeleitung
Tonnen CO₂ pro Jahr
Haushalte
1. Wärmelieferung